CVUA Stuttgart | E. coli-Keimen auf die Ge... (2024)

Das CVUA Stuttgart entwickelte eine robuste Routine-PCR-Methode, mit der sich Virulenzprofile von E.coli-Keimen erstellen lassen. Mit modulartig zusammengestellten PCR-Tests können insgesamt 12 Virulenzgene in einem Lauf getestet werden. Vorteilhaft ist dabei, dass jetzt wesentlich rascher als bisher die durch E. coli-Keime hervorgerufenen Durchfälle bei Ferkeln und Kälbern nachgewiesen werden können und damit auch das Ergreifen von Gegenmaßnahmen früher möglich ist.

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E. coli -Keime auf Blutagar (links) und auf MacConkey-Agar (rechts)

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E. coli -Keim im Transmissionselektronenmikroskop

Inhalt

  • Enteropathogene E. coli-Keime
  • Virulenzgene (direkte Virulenzmarker) enteropathogener E. coli-Keime
  • O-Typisierung (Serotypisierung) und Hämolyse (indirekte Virulenzmarker)
  • Eigene Untersuchungen im CVUA Stuttgart

Probenmaterial

Ergebnisse

E. coli-Virulenzgene (Virulenzprofile)

Ferkel

Kälber

E. coli O-Typen (Serotypen) den Virulenzgenen gegenübergestellt

Ferkel

Kälber

  • Literatur

Enteropathogene E. coli-Keime

E. coli -Keime kommen im Darm gesunder Menschen und Tiere und somit nahezu überall in der Umwelt, vor allem aber in Abwässern, Gülle und Dung in sehr großer Anzahl vor. Deshalb werden E. coli-Keime zu den Fäkalkeimen gerechnet. Von sich Reden machen diese Keime, wenn sie im Trinkwasser vorkommen, Durchfall bei Mensch und Tier hervorrufen (sog. enteropathogene E. coli-Keime) oder in seltenen Fällen sogar als EHEC-Keime (sog. enterohämorrhagische E. coli) schwerste Infektionen beim Menschen verursachen können.

Was unterscheidet harmlose E. coli-Keime im Darm gesunder Menschen und Tiere sowie in der Umwelt von krankmachenden E. coli-Keimen? Es sind die Gene!

E. coli -Keime, die über sog. Virulenzgene verfügen, stellen als E. coli-Pathotypen Krankheitserreger dar. Solche Virulenzgene sind für die Produktion von Virulenzfaktoren verantwortlich. Es handelt sich hierbei vor allem um Toxine, Anheftungsmechanismen (Fimbrien) und Faktoren, die Zellfunktionen stören oder sogar Zellen zerstören können.

Eine Übersicht über klassische Virulenzfaktoren enteropathogener E. coli-Keime ist in der unten folgenden Tabelle zusammengestellt (die Auswahl der Virulenzfaktoren pathogener E. coli-Keime von Ferkeln wurde nach Angaben von Bosworth und Casey [1997] und die pathogener E. coli-Keime von Kälbern nach Franck et al. [1998] übernommen).

Tabelle 1: Enteropathogene E. coli-Keime
E. coli-Pathotyp Virulenzfaktor Wirt Infektionskrankheit
Enterotoxische E. coli (ETEC) (Bildung von Toxinen und Fimbrien) St-I, St-II, LT Ferkel, Kalb, Lamm, Fohlen, Hund, Kanin-chen Diarrhoe (Hypersekretion)
Enteropathogene E. coli (EPEC) oder Attaching and Effacing E. coli (AEEC) (keine Toxinbildung) Intimin Ferkel, Kalb, Lamm, Hund, Katze Diarrhoe (Maldigestion, Malabsorption, Hypersekretion)
Shiga-Toxin bildende E. coli (STEC, EDEC = Ödemkrankheit beim Schwein verursachende E. coli) Stx1, Stx2 Ferkel, Kalb, Lamm Ödemkrankheit, Diarrhoe (Hypersekretion)
Nicht Toxin-bildende E. coli (NTEC) (Bildung von Fimbrien) F4 (K88),
F5 (K99),
F6 (P987),
F41, F18, F17
Ferkel, Kalb, Lamm Diarrhoe (lokale Anheftung und starke Vermehrung)

Erklärungen:

1 St-I und St-II sind hitzestabile Enterotoxine, LT ein hitzelabiles Enterotoxin von E. coli, die den Wasser- und Ionenhaushalt im Darm beeinflussen (Hypersekretion ® Diarrhoe).

2 Die Fimbrien dienen der Anheftung von E. coli-Keimen an Enterozyten. Die Fimbrien F4 (K88) und F5 (K99) sind bei E. coli-Stämmen von Ferkeln, Kälbern und Lämmern, die Fimbrien F6 (P987) und F18 bei Ferkeln und F17 bei Kälbern und Lämmern beschrieben.

3 Intimin dient der Anheftung (Attaching) an Enterozyten und zerstört (Effacing) die Mikrovilli der Enterozyten.

4 Die Shiga-Toxine Stx1 und Stx2 (Syn. Shiga-like Toxine, SLT1 und SLT2) sind Zytotoxine. Stx2 (Stx2e) spielt bei der Ödemkrankheit der Schweine eine zentrale Rolle und E. coli-Keime, die wie der Serotyp O157:H7 Shiga-Toxin bilden und AE- (Attaching and Effacing) aufweisen, werden oft als EHEC-Keime (enterohämorrhagischeE. coli) bezeichnet.

Oftmals werden von einem E. coli-Stamm mehrere Toxine, auch in Kombination mit Fimbrien (s.u.), gebildet.

Hierzu geben auch unsere Informationsblätter auf unserer Homepage weitere Informationen!

Die derzeit angewendete Methode des Nachweises von Virulenzgenen ist die Polymerase-Kettenreaktion (PCR).

Da es bisher kein allgemeingültiges genetisches Kriterium pathogener E. coli-Keime gibt und die Virulenzgene in einerseits verschiedenen DNA-Bereichen (Chromosom, Plasmid) lokalisiert sind und andererseits in sehr unterschiedlichen Kombinationen vorkommen können, muss jedes Virulenzgen einzeln getestet werden.

Virulenzgene (direkte Virulenzmarker) enteropathogener E. coli-Keime

Um die Virulenzgene, sog. direkten Virulenzmarker, nachweisen und somit Virulenzprofile pathogener E. coli-Keimen (s.u.) durchfallerkrankter Jungtiere erstellen zu können, führen wir im CVUA Stuttgart die PCR durch, die folgende 12 Virulenzgene erfasst:

Die Toxine ST-I, ST-II, LT, Stx1, Stx2 (Stx2, Stx2d, Stx2e, and Stx2g )

Die Adhäsine F4 (K88), F5 (K99), F6 (P987), F41, F17 ( F17a, F17b und F17d ) und F18 sowie Intimin (Attaching and Effacing)

O-Typisierung (Serotypisierung) und Hämolyse (indirekte Virulenzmarker)

Die O-Typisierung (Serotypisierung) sowie der Nachweis von Hämolyse (Auflösen von Blutzellen in Schafblut-haltigen Nährmedium) von E. coli-Keimen durchfallerkrankter Jungtiere stellen sog. indirekte Virulenzmarker dar. Im Gegensatz zu den direkten Virulenzmarkern (Nachweis von Virulenzgenen oder direkter Nachweis der Produktion von Virulenzfaktoren) können diese nur (indirekte) Hinweise auf das mögliche Vorhandensein von Virulenzfaktoren geben.

Derzeit stehen keine Antiseren für eine rasche und kostengünstige Typisierung von E. coli-Keimen zur Verfügung, so dass wir die Serotypisierung durch die PCR-Untersuchungen vollständig ersetzt haben.

Eigene Untersuchungen im CVUA Stuttgart

Probenmaterial

Ziel der Untersuchungen war es, eine für die Routinediagnostik robuste und rasch ausführ- wie auch auswertbare PCR-Methode für die Untersuchung pathogener E. coli-Stämme aus Kotproben durchfallerkrankter Absatzferkel (Post Weaning Disease = PWD) und Kälber zu entwickeln. Zusätzlich wurden PCR-Ergebnisse (Nachweis von Virulenzgenen) mit denen der O-Typisierung und Hämolyse (indirekte Virulenzmarker) dieser E. coli-Stämmen vergleichend untersucht.

Probenmaterial:

  • E. coli-Isolate von Absatzferkeln mit Durchfällen (Post Weaning Disease = PWD) oder Ödemkrankheit (194 Isolate).
  • E. coli-Isolate von Kälbern mit Durchfällen, die nicht durch Rota- oder Coronaviren, Kryptosporidien oder Kokzidien hervorgerufen worden waren (83 Isolate).

Ergebnisse

E. coli-Virulenzgene (Virulenzprofile)

Ferkel

  • Toxinprofil F18/Stx2/ST-I/ST-II: Das Gen des Adhäsins F18 war zu 83 % mit einem oder mehreren Genen folgender Toxine gekoppelt: SLT-2, ST-I, ST-II.
  • Toxinprofil F4/LT/ST-I/ST-II: Das Gen des Adhäsins F4 war zu 90 % mit einem oder mehreren Genen folgender Toxine gekoppelt: LT, ST-I, ST-II.

Kälber

  • Unter den Virulenzfaktoren dominierte das Gen des Adhäsins F17, das bei 24 % der untersuchten Kälber nachgewiesen werden konnte.
  • Andere Virulenzfaktoren, wie F4-, F5- oder ST-I-Gene, waren nur in Einzelfällen nachweisbar.
  • Shiga-Toxingene und das Gen für Intimin, die in dieser Kombination Hinweise auf das Vorliegen sog. EHEC-Keime (enterohämorrhagische E. coli-Keime) geben, waren nicht nachweisbar.

E. coli O-Typen (Serotypen) den Virulenzgenen gegenübergestellt

Ferkel

Die E. coli O-Typen O139:K82, O141:K85 und O149:K91 machten 44 % aller E. coli-Isolate aus, bei den hämolysierenden E. coli-Isolaten waren es 55 %.

Die E. coli O-Typen O139:K82 und O141:K85 waren zu 70 % mit dem Nachweis mindestens einer der Gene des Adhäsins F18 oder der Toxine Stx2, ST-I oder ST-II korreliert.

Besonders ausgeprägt war dies mit 87 % bei den hämolysierenden E. coli-Isolaten der Fall.

Der E. coli O-Typ O149:K91 war zu 76 % mit dem Nachweis mindestens einer der Gene des Adhäsins F4 oder der Toxine LT, ST-I oder ST-II korreliert.

Besonders ausgeprägt war dies mit 92 % bei den hämolysierenden E. coli-Isolaten.

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Diagramm 1: E. coli-Isolate durchfallerkrankter Absatzferkel

CVUA Stuttgart | E. coli-Keimen auf die Ge... (4)

Diagramm 2: Hämolysierende E. coli-Isolate durchfallerkrankter Absatzferkel

Kälber

  • Die E. coli O-Typen O101 (O101:K28, O101:K30, O101:K32), O78:K80 und O9:K35 machten 63 % aller E. coli-Isolate aus.
  • Der E. coli-Typ O-Typ O78:K80 waren zu 70 % mit dem Nachweis des Gens des Adhäsins F17 gekoppelt.

CVUA Stuttgart | E. coli-Keimen auf die Ge... (5)

Diagramm 3: E. coli-Isolate durchfallerkrankter Kälber

Literatur

Bosworth, B. T., and Casey, T.A. (1997): Identification of toxin and pilus genes in porcine Escherichia coli using polymerase chain reaction (PCR) with multiple primer pairs. 97th general meeting of the American Society for Microbiology, May 4-8 1997, Miami Beach, Florida, Abstract B-509, 116.

Frank, S.M., Bosworth, B.T., and Moon, H.W. (1998): Multiplex PCR for Enterotoxigenic, Attaching and Effacing, and Shiga Toxin-Producing Escherichia coli Strains from Calves. Journal of Clinical Microbiology 36, 1795–1797.

Sting, R., and Stermann, M. (2007): Duplex real-time PCR assays for rapid detection of virulence genes in E. coli isolated from post-weaning pigs and calves with diarrhoea. Deutsche Tierärztliche Wochenschrift. In press 2008.

Artikel erstmals erschienen am04.03.2008

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Author: Catherine Tremblay

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